Fast
30.000 (!) erhältliche Bücher sind offenbar erforderlich,
um die Frage zu klären, wie Marketing angeblich gut
/ besser / am besten / überhaupt funktioniert. Das
alleine zeigt bereits: Alles, was mit Marketing zusammenhängt,
ist vor allem eines: ziemlich fragwürdig und klärungsbedürftig.
Unter
den fast unzähligen kursierenden Definitionen taucht
die folgende so oder so ähnlich recht häufig auf:
„Marketing ist die marktorientierte Verwirklichung
von Unternehmenszielen und die Ausrichtung des gesamten
Unternehmens am Markt“. Man könnte auch kurz
sagen: „Marketing“ ist englisch und heißt
„Vermarktung“.
Nicht
gerade wenige Experten lassen sich sogar dazu hinreißen,
dem Marketing einen naturgesetzähnlichen Anspruch zu
verleihen, wonach Marketing „alles” sei, was
man tut oder lässt. Dadurch mutiert (u.v.a.) übrigens
dann auch das einfache Aufsetzen eines Briefes zu einem
gar nicht mehr so einfachen „Mailing“, bei dem
so enorm viel zu beachten ist, dass man besser einen Berater
fragt, der sich damit auskennt. Gegen gutes Geld, versteht
sich.
Dem
Marketing ausgeliefert:
„Heilige Kuh“ des Unternehmertums
Das
Marketing ist neben der Strategie eine der „Heiligen
Kühe“ nicht nur des unternehmerischen Denkens,
Planens und Vorgehens, sondern u.a. auch in der Politik.
Es wird gemeint, dass ein cleveres Marketing absolut unverzichtbar
sei, um ein Angebot überhaupt verkaufen zu können
(erst recht natürlich, wenn die Überzeugung herrscht,
Marketing sei ohnehin „alles“, was man tut oder
lässt).
Eine
andere Frage, die dabei hochgradig berechtigt mit auftaucht:
„Wie denn sonst?“. Denn in der Tat gab es ewig
lange – wie auch zum Vorgehen per Strategie –
zum Marketing keine Alternative. Die vergleichsweise nagelneue
– und gegenüber Strategie und Marketing vor allem:
zeitgemäße – Alternative, das mimesisPrinzip,
ist dagegen schlicht und einfach noch nicht dermaßen
bekannt. Was vor allem für die etwa 60% aller Unternehmer
und Manager etwas schade ist, die sowohl Strategie als auch
das Marketing schon lange am Ende der Möglichkeiten
angelangt sehen.
Das
Marketing:
Von der Realität mehrfach eingeholt
Was
Marketing entgegen kursierender Gerüchte und Mythen
tatsächlich ist, erfordert ein paar tiefere Blicke
hinter die prächtige Kulisse: Die erste wirklich lohnenswerte
Feststellung, die in aller Regel völlig untergeht:
Das Marketing ist ein Teil der Betriebswirtschaftslehre(!);
und damit wiederum ein Teil der Wirtschaftstheorie(!).
Im Klartext:
Das Marketing ist ein Instrument, ein Mittel und eine Methode,
um die Grundsätze der Wirtschaftstheorie in die Praxis
umzusetzen. Und das heißt: eine Theorie umzusetzen,
die im 17. Jahrhundert(!) entstanden ist und heute noch
immer exact genau so praktiziert wird, wie vor über
300 Jahren!
In seinen
Grundzügen entstand das Marketing in den 1920er Jahren(!),
erfunden vom Procter&Gamble-Konzern, wurde allerdings
damals noch nicht Marketing genannt, sondern bekam erst
später in den 1950ern seinen Namen.
Das Grundprinzip des Marketing basiert demnach auf einer
„stabilen Marktsituation“ in der Annahme, dass
die grundsätzliche Nachfrage für ein Angebot existiert,
und es lediglich darauf ankommt, über bestimmte Maßnahmen
die Kundenmasse zu versorgen. Eine Annahme, wie sie in den
1920er Jahren in den USA sicher noch realistisch war; heute
jedoch ist sie meilenweit davon entfernt und schon ziemlich
naiv.
Nichtsdestotrotz:
Die Theorie des Marketing wurde niemals überholt und
basiert noch heute auf exact demselben Grundprinzip und
derselben Grundannahme wie vor knapp 90 Jahren – als
ob zwischendurch nichts passiert wäre.
Weil das – vor allem natürlich von Marketing-Experten
– vehement bestritten wird, hier rein sicherheitshalber
angemerkt: Sicherlich hat sich das praktische Vorgehen im
Marketing seit den 1920er Jahren enorm verändert.
Allerdings beschränkt auf die verwendeten Mittel, Maßnahmen
und Methoden. Die Theorie an sich und das Grundprinzip jedoch
basieren heute noch immer auf der Annahme einer „stabilen
Marktsituation“, in der ein Anbieter so ziemlich alles
los wird und sich um alte wie neue Kunden nicht sonderlich
kümmern muss.
Der
„Marketing-Mix“:
Verkomplizierte Mogelpackung
Spätestens
als nach dem „Wirtschaftswunder“ allmählich
in sämtlichen Bereichen eine Marktsättigung entstand,
wurde das Marketing somit zwangsläufig zunehmend ineffektiv:
Es funktionierte schlicht und einfach nicht mehr. Weil eben
die „stabile Marktsituation“, auf der das Marketing
basiert, inzwischen ein Fall für die Geschichtsbücher
wurde.
Statt
sich jedoch vom längst überholten Grundprinzip
zu verabschieden und das Marketing von Grund auf neu zu
denken, versuchte man es lieber mit vorsichtiger Ausbesserung
und Flickschusterei. Eine Ausbesserung und Flickschusterei,
die seit dem (genauer: seit den 1970er Jahren als man mit
der Psychologie die „Wissenschaft” mit in das
sinkende Boot holte) bis heute anhält:
Seit
fast 40 Jahren permanent immer neue Mittel, Maßnahmen
und Methoden, die zu einem Heidenaufwand, einem wahren Wust
und Misch-Masch kollabiert sind – verkäuferisch
trickig als „Marketing-Mix“ verpackt, als ob
das so beabsichtigt wäre.
Konsequenterweise wird sich jeder Marketing-Berater seinen
neuen Porsche sicherlich auch als Bausatz liefern lassen.
Auf
der permanenten Jagd
nach dem „besseren Argument“
Das
Grundprinzip des Marketing ist nicht etwa „die Verwirklichung
von Unternehmenszielen“ und/oder „die Ausrichtung
eines Unternehmens am Markt“, wie es verharmlosend
definiert wird. Sondern das Grundprinzip des Marketing ist
das „Zielen+Treffen”.
Ganz ausgerichtet am Vorgehen per Strategie („Strategie“
= griechisch: „Heeresführung“) bediente
man sich bei der Erfindung in den 1920er Jahren und eben
auch noch heute im Fundus der „optimalen Kriegführung“.
Nicht zuletzt zu erkennen am Sprachgebrauch, wenn (u.v.a.)
von „Zielgruppen“ die Rede ist.
Gedanklich befindet man sich also auf einem Schlachtfeld,
das als „Markt“ verharmlost wird, auf dem man
es mit lauter Gegnern und Feinden zu tun hat:
Mit Konkurrenten, die es zu übertrumpfen gilt. Und
mit Kunden, die überzeugt und gebunden werden müssen;
das „Zielen+Treffen“, u.a. mit „Guerilla“-Methoden.
Und
weil das eben alle tun, muss sich jeder als „der Bessere“
und sein Angebot als „das einzig Wahre“ präsentieren.
Überlebenskampf à la Darwin. Kampf um Zuspruch,
Kunden, Marktanteile. Da jedoch das Repertoire echter Argumente
inzwischen komplett erschöpft ist, wird das Ganze über
sämtliche Mittel, Maßnahmen und Methoden praktiziert.
Die
gesamte Palette des „Marketing-Mix“ ist genau
darauf ausgerichtet: 24-Stunden-Hotlines und -Bestellannahmen
gehören genau so dazu, wie Kundenklubs, -Karten und
–Magazine, Bonus- und Rabatt-Aktionen, Events aller
Art, Sponsoring, etc, etc, etc. Weil auch das jedoch mittlerweile
alle tun, sucht man die Lösung nun im „Kampf
der Datenbanken”: So sammelt man immer mehr Informationen
über alles mögliche; über Trends, Produktqualität,
Kundenzufriedenheit und Konkurrenzaktivitäten, über
Kunden, ihr Verhalten und ihre Lebensgewohnheiten, etc,
etc, etc.
Und
auch alles das mit dem steinalten Grundprinzip des „Zielen+Treffen“:
Immer neue Versuche, genauer zu „zielen“, um
überhaupt noch irgendwie zu „treffen“ (wohlgemerkt:
auf Menschen!). Die Marketing-Kommunikation hat nicht „trotz
dem“ allem, sondern genau deshalb mittlerweile fast
das Maximum an Unwirksamkeit erreicht: Zwischen 98% und
99% sämtlicher Maßnahmen verpuffen ohne die geringste
Wirkung. Die Chancen, im Casino die Bank zu sprengen, liegen
wahrscheinlich höher.
Diese
Hetzjagd nach dem Kunden dennoch weiter zu betreiben erfordert
einen deutlich größeren Mut, als sich mit der
Alternative zu beschäftigen: mit dem mimesisPrinzip.
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