Das
strategische Vorgehen ist eine der Selbstverständlichkeiten
und „Heiligen Kühe“ des Unternehmertums.
Wer keine Strategie hat, der handelt unüberlegt und
planlos. Jedenfalls wird das noch immer so geglaubt und
(nur deshalb) auch praktiziert. Obwohl längst bekannt
ist: Das Vorgehen per Strategie ist reine Chancen-Vernichtung.
„Selbstverständlichkeiten“
bringen es mit sich, dass sie kaum hinterfragt werden. Wie
im Falle des Vorgehens per Strategie: Es geht permanent
und überall lediglich nur darum, welche Strategie man
anwenden soll und wie man sie am besten umsetzt. Doch ob
das strategische Vorgehen überhaupt sinnvoll ist und
ob ein anderes Vorgehen nicht möglicherweise deutlich
erfolgreicher sein könnte… diese Frage wird nur
seltenst gestellt, in aller Regel nicht einmal angedacht.
Der
Stolperstein liegt dabei in dem Missverständnis, Strategie
sei so etwas wie „gut durchdachtes Handeln“.
Also: „Entweder-Oder”. Entweder man hat eine
Strategie und damit auch einen Plan. Oder man hat keine
Strategie und handelt planlos. Dazwischen gibt es nichts.
Scheinbar.
Strategie:
Mit dem Dolch in der Hand
Wer
also keine Strategie hat, der braucht eigentlich gar nicht
erst anzufangen: Das Vorhaben ist von vorn herein zum Scheitern
verurteilt. Heißt es. Wird geglaubt.
Tatsächlich jedoch handelt es sich bei dieser Überzeugung
um nichts weiter als einen hartnäckigen Glaubenssatz.
Dass drei von vier Strategien grandios scheitern, darf man
als dezentes Indiz dafür sehen.
Zum
einen ist Strategie eben keineswegs ein „gut durchdachtes
Handeln“, wie propagiert und geglaubt wird. Sondern
der Begriff „Strategie“ ist griechisch und bedeutet
übersetzt: „stratos“ = „Heer“
und „agein“ = „führen“.
Eine Strategie ist also „Heeresführung“.
Und das heißt im Klartext: Wer eine Strategie anwendet,
nutzt eine militante Denk- und Vorgehensweise; mit der Einstellung,
einen Krieg zu führen! Ob er sich dessen bewusst ist
oder nicht.
Ob er das will oder nicht.
Das
kann man nun ignorieren oder für „nicht so schlimm“
halten, weil man doch eigentlich eine viel menschenfreundlichere
Einstellung hat und nur edle Ziele verfolgt. Jedoch: Wer
per Strategie vorgeht, der verwendet eine Methode der Kriegführung.
Punkt.
Man
darf sich darüber etwas bewusst(er) sein, weil sich
das gesamte strategische Denken zwangsläufig und ausschließlich
darum dreht, wie sich ein Krieg gewinnen lässt. Die
Idee, einen Krieg gar nicht erst entstehen zu lassen, taucht
darin nicht auf. Mit anderen Worten: Wer per Strategie vorgeht,
ist (unterschwellig) dazu gezwungen, die Welt als Schlachtfeld
und seine Mitmenschen (Konkurrenten, Kunden, Kollegen, etc.)
als Gegner und Feinde zu betrachten! Ob er das möchte
oder nicht.
Das
gesamte Instrumentarium, sämtliche Mittel und Maßnahmen
einer Strategie basieren auf genau dieser Idee. Weshalb
sich auch niemand, der eine Strategie anwendet, dieser Idee
entziehen und/oder davon freisprechen kann.
Ein Grund dafür, warum 75% aller Strategien scheitern:
Das sind oftmals Fälle, in denen Unternehmer, Manager
und Selbstständige - berechtigterweise - ein Problem
mit dem militanten Grundgedanken haben; sei es eben auch
nur unbewusst.
Freud
lässt grüßen: Strategischer Sprachgebrauch
Angesichts
der fragwürdigen Idee, sich überhaupt aus dem
Fundus der Kriegführung zu bedienen, spielt es da noch
eine eher untergeordnete Rolle, wie eine „optimale
Strategie“ aussehen könnte.
Wie Einstein sagte: „Die Theorie bestimmt, was wir
sehen“. Wer mit der Theorie des strategischen Vorgehens
arbeitet, sieht demnach die Welt als Schlachtfeld, auf dem
es um Leben oder Tod und um’s nackte Überleben
geht. Und er sieht um sich herum lauter Gegner und Feinde:
Konkurrenten, die ihm sein Territorium streitig machen,
und Kunden, die er mit ausgeklügelten Methoden überzeugen
und an sich binden muss. Zum Beispiel.
Jedenfalls
erklären sich so auch die Begriffe im strategischen
Sprachgebrauch. Von „Zielgruppen“ über
„Positionierung“, „Kampf“ (um Kunden,
Marktanteile, etc.), Argumentations- und Übernahmeschlachten,
bis zur „feindlichen Übernahme“. Auch das
Fremdwort (Wahl-/Werbe-) „Kampagne” gehört
dazu, die auf Deutsch ein Feldzug ist, sowie auch die (z.B.
Standort-/Bildungs-) „Offensive”, die auf Deutsch
ein Angriff ist.
Zu diesem Kernproblem gesellen sich noch etliche weitere
Folge-Probleme, die zwangsläufig aus dieser Grundidee
der Kriegführung resultieren – und die man ansonsten
gar nicht hätte. Es reicht der Platz an dieser Stelle
nicht aus, sie allesamt aufzulisten.
Etliche
enorme zusätzliche Folgeprobleme anderer Art wiederum
resultieren aus dem mittelalterlichen Denksystem eines René
Descartes, anno 1619, in Verbindung mit (u.a.) dem „Ursache->Wirkung“-Denken
á la Newton und dem angewandten Darwinismus nach
dem Motto „Nur der Stärkere überlebt“.
Gedanklich
im Mittelalter:
Konsequent in die falsche Richtung
Nur
beispielsweise zu nennen: Jede Strategie steht und fällt
mit der Qualität der Prognose; also mit der vergleichsweise
seltenen Fähigkeit, in die Zukunft sehen zu können.
Das zieht einen völlig unnötigen Heidenaufwand
von Analysen und Studien nach sich: der Blick in die statistische
Kristallkugel und ein Lesen im Kaffeesatz als Grundlage
für unternehmerische (nicht zuletzt auch: politische
und private) Entscheidungen. Ein Vorgehen wie im 17. Jahrhundert:
Die Empirie eines Francis Bacon, anno 1607, sowie die Analytik
eines René Descartes, anno 1619.
Daraus
wiederum versucht man mittels dem „Wenn->Dann”
des „Ursache->Wirkung”-Denkens sowohl Rückschlüsse
zu ziehen, als auch die Planung auf die Beine zu stellen,
als auch die Umsetzung zu realisieren, als auch per „Controlling“
im Auge zu behalten, dass dieses eklatante Fehldenken wie
geplant funktioniert.
Tut es das (oh, Wunder) wider Erwarten nicht oder quält
der Eindruck, es könnte etwas besser laufen, wird Charles
Darwin damit beauftragt, zusammen mit René Descartes
eine „SWOT“- („Stärken-Schwächen-“)
Analyse und ein Benchmarking durchzuführen.
Auf
diese Weise optimiert man ein grundsätzlich fehlerhaftes
System. Man geht quasi gut durchdacht, präzise geplant,
hochkonsequent und zielstrebig in die genau falsche Richtung.
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