Wie
heißt es so schön: „Alles hat seine Vor-
und Nachteile“. Manches jedoch scheint davon ausgenommen
zu sein. Zum Beispiel das Effizienzdenken. Was effizient
ist, ist einfach toll: minimaler Aufwand, maximaler Nutzen.
Auf direktem Kurs und ohne jeden Umweg schnellstmöglich
zum Ziel. Wie damals auch die „Titanic“.
Wenn
man etwas sofort haben kann: warum dann lange warten? Und
wenn sich ein Ziel auf kürzestem Weg erreichen lässt:
warum einen anderen Weg gehen? Warum unnötig mehr Aufwand
und Zeit investieren als nötig? Also: Greifen Sie zu!
Rhetorische Fragen, die so oder ähnlich in jedem x-beliebigen
Prospekt irgendeines Unternehmens zu lesen sind, und einen
Grad an Normalität erreicht haben, dass niemand wirklich
darüber nachdenkt.
Das
Effizenzdenken regiert: Je weniger Strom der Kühlschrank
und je weniger Kraftstoff ein Fahrzeug verbraucht, desto
mehr im Geldbeutel und außerdem dazu noch besser für
die Umwelt. Eine tolle Sache. Und schließlich...
...je weniger Mitarbeiter nach einer Rationalisierungsmaßnahme,
desto größer der Unternehmensgewinn und die Aktienrendite.
Hm? „Stopp, Moment mal“, rufen einzelne Stimmen
im Nebel. Das ist dann doch nicht so toll.
Effizienzdenken:
Nur bis zur nächsten Ecke
Natürlich:
„Jeder muss sehen wo er bleibt“. Deshalb wird
auch das billigere T-Shirt gekauft, wodurch man direkt die
Kinderarbeit irgendwo in Fernost unterstützt, weshalb
deutsche Textilfabrikanten ein paar Tausend Mitarbeiter
entlassen mussten, kurz bevor sie Insolvenz anmeldeten,
doch: „Warum mehr bezahlen als unbedingt nötig?”.
Mündige
Bürger, die sich selbst auf diese Weise ihr Effizienzdenken
rechtfertigen, dürften sich im Grunde dann nicht wirklich
wundern, wenn ihr Chef dasselbe tut und Arbeitsplätze
streicht. Und es muss sich dann auch recht niemand wirklich
darüber wundern, dass auch Fleischgroßhändler
dieses Effizienzdenken anwenden, und vier Jahre altem „Gammelfleisch“
ein nagelneues Haltbarkeitsdatum aufkleben. In jedem Fall:
Das rechnet sich.
Wobei
es diesem Effizenzdenken voll und ganz entspricht, wenn
nur bis zur nächsten Ecke gedacht wird und keinen Zentimeter
weiter: Das spart jede Menge Energie. Zugestanden muss jedenfalls
sein, dass die Masse der Menschen sich dessen nur in Ausnahmefällen
überhaupt bewusst ist. Das Effizienzdenken ist Teil
des gesamten mittelalterlichen Denksystems, in das wir alle
hineingeboren wurden, und deshalb für 90% der Menschen
als „ganz normal“ und „selbstverständlich“
gilt. Es ist: voll etablierte Normalität.
Vom
Sinn ganz abgesehen:
„Operation gelungen – Patient tot“
Noch
schlimmer, dass exact dasselbe für das Zweckdenken
herrscht, das ganz zwangsläufig Teil des Effizienzdenkens
ist: Es geht eben darum, einen ganz bestimmten Zweck auf
möglichst effiziente Weise zu erreichen. Das wiederum
führt dazu, dass auch nur das getan und überhaupt
angedacht wird, was dem verfolgten Zweck dient – alles
andere wäre eben ineffizient. Das heißt: Alles,
was nicht zweckdienlich ist, gilt als störend und hinderlich
und kostet nur Zeit und Geld.
Dieses
Denksystem ist nicht nur perfekt geschaffen für irgendwelche
Rationalisierungsmaßnahmen. Sondern erst recht für
Berater, die Methoden zur „Simplifizierung“
anbieten und irgendwelche Checklisten für alles mögliche:
„Für den direkten Weg zum Erfolg“. Energiesparend
mit einem Minimum das Maximum erreichen.
Und
das nicht selten: völlig sinnlos. Denn Zweckdenken
hat mit Sinn nur wenig zu tun. Wenn es der Zweck ist, einen
Kühlschrank auf möglichst effiziente Weise zu
betreiben, dann steht im Vordergrund der möglichst
geringe Stromverbrauch – fernab jedes Sinns. Denn:
ob dieser Strom aus einem Atomkraftwerk stammt oder aus
einer Windkraftanlage, spielt bei der Effizienzfrage keine
Rolle.
Bei
dieser Denkweise ist es dann auch kein Wunder, dass für
den Eintrag eines Unternehmens in das deutsche Handelsregister
zwar zwingend der jeweilige Unternehmenszweck anzugeben
ist, der Sinn der Unternehmung jedoch niemanden interessiert
- genau deshalb ist es dann auch unerheblich, ob jemand
Massenvernichtungswaffen oder Blumen verkauft. Und das sieht
übrigens auch jeder Banker so: Es wird (nur das) finanziert,
was „sich rechnet“. |