Die
„Neuro-linguistische Programmierung“, kurz:
„NLP“ genannt, ist eine vergleichsweise junge
Form der Beschäftigung mit Wahrnehmung, Erleben und
der zwischenmenschlichen Kommunikation. Doch die Stolperfalle
verbirgt sich bereits in der Bezeichnung.
Auf
der Grundlage der modernen Systemlehre, der Linguistik,
der Neuro- und Gehirnforschung, sowie der Psychologie versucht
NLP, die Wahrnehmung und das Erleben, das Denken und Verhalten
von Menschen zu beschreiben und zu erklären.
NLP sieht sich als „Teil der Kognitions- und Verhaltenswissenschaften“,
doch vor allem deshalb, um durch das Etikett der „Wissenschaftlichkeit”
irgendwie seriöser wirken zu wollen.
Die
unbestreitbaren Vorzüge des NLP gegenüber anderen
Versuchen, sich mit dem Denken und Verhalten von Menschen
zu beschäftigen, liegen vor allem darin, dass die subjektive
Wahrnehmung und die ganz persönliche Interpretation
als entscheidend dafür betrachtet wird, was jedem von
uns als „real“ und „wahr“ erscheint,
sowie von der Einheit von Körper, Seele und Geist ausgegangen
wird.
Geschüttelt
und gerührt: Ein Mix von Altem und Neuem
NLP
kann insofern durchaus und ohne weiteres als ein Fortschritt
gegenüber altbekannter Soziologie, Pädagogik und
Psychologie sein. Doch dieser Versuch der Vermischung von
Altem und Neuem ist – etwas übertrieben formuliert
– wie der Versuch, sich zu waschen, ohne dabei sonderlich
nass zu werden.
So wird
hierbei zwar auf moderne Erkenntnisse der Systemlehre und
der Kybernetik zurückgegriffen, doch gleichzeitig wird
das mechanistische Denksystem des René Descartes,
anno 1619, und dessen Methode der Analytik (also: des „Zerlegens“)
angewendet. Erkennbar unter anderem durch das Versprechen
„Alles ist erreichbar, es muss nur in genügend
kleine Schritte unterteilt werden“.
Noch
deutlicher und auf einen Blick erkennbar, weist bereits
die Bezeichnung „NLP“ auf das völlig überholte
Denken eines Descartes hin. Die Annahme, der Wahrnehmung
und dem Denken und Verhalten würden „Programme“
zugrunde liegen: Der Mensch als eine simple Maschine, als
„programmierter Computer”, so wie auch Situationen,
Probleme und Lösungen nach einem simplen, mechanischen
„Wenn->Dann“ ablaufen.
Vermeintlich
gestützt wird das durch Hinweise, wie etwa auf die
Körpertemperatur, die kein Mensch bewusst reguliert
und steuert. Nach NLP hat man es hier mit einem von unzähligen,
unterbewusst ablaufenden „Programmen“ zu tun,
nach denen der Mensch und eben auch seine Psyche „funktioniert“.
Auf dieselbe Weise lassen sich somit – nach NLP –
auch die subjektive Wahrnehmung und das individuelle Erleben,
das Denken und Verhalten, sowie sämtliche Probleme
und Lösungen auf irgendwelche „Programme”
zurückführen.
Diese „unbewusste Programmierung“ zu erkennen
und durch eine jeweilige „Um- und Neu-Programmierung“
Probleme lösen zu können, dafür bietet NLP
ein methodisches Vorgehen an.
Vorwärts
ins Mittelalter: Bröckeliges Fundament
NLP
basiert demnach also auf einem Ablauf- und Folgeketten-Denken
von „Ursache->Wirkung”, was dem systemischen
und kybernetischen Ansatz von Gegen- und Wechselwirkungen
und Emergenzen jedoch komplett widerspricht.
Zum anderen basiert NLP (siehe oben) auf der Methode der
Analytik (also: des „Zerlegens“), was gleichfalls
der systemischen Erkenntnis widerspricht, dass das Ganze
„mehr als nur die Summe seiner Einzelteile“
ist.
Es mag
sein, dass man leichter Interessenten und Anwender für
NLP findet, indem man - wie üblich - in Aussicht stellt,
hochmoderne Erkenntnisse könnten in relativ simpler
Form von Methoden und Checklisten genutzt werden. Doch das
widerspricht eben eklatant dem systemischen Ansatz, auf
den sich NLP beruft.
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