So
genannte „Placebos“ sind Medikamente, die keinen
Wirkstoff enthalten, und nach herkömmlicher Denkweise
deshalb auch keine Wirkung entfalten können. Manchmal
ist das dennoch der Fall. Eine „unmögliche Wirkung“,
die zuweilen sehr wirkungsvoll angewendet wird.
Jemand,
der eine Kopfschmerz-Tablette einnimmt, erwartet, dass sie
wirkt und den Kopfschmerz lindert. Jemand, der zum Arzt
geht, erwartet kompetente, ärztliche Hilfe zur Gesundung.
So weit handelt es sich noch um eine einsichtige Angelegenheit.
Weniger einsichtig ist oftmals, dass schlicht und einfach
bereits die jeweilige Erwartung völlig ausreicht, dass
sich ein Mensch prompt besser fühlt, Schmerzen gelindert
oder sogar komplett verschwunden sind. Es wirkt also nicht
das, was der Arzt verschrieben hat, es wirkt nicht die Chemie
der Tablette – es wirkt die Erwartung der Wirkung.
Wenn
der Glaube an die Wirkung ausreicht
Es ist
bereits der Anblick eines weißen Kittels, der manch
einem Patienten faktisch hilft. So, wie ein „Placebo“,
eine Tablette ohne jeden Wirkstoff, genau die Wirkung entfaltet,
die der Patient erwartet. Im Körper zu beobachten ist
dabei die Aktivierung der körpereigenen Biochemie:
Die Ausschüttung von Hormonen, wie etwa Endorphine,
die als „Schmerzstopper“ gelten.
Und
das heißt: Es passiert das, was man erwartet! Es ist
die Einstellung des jeweiligen Menschen, die Wirkung zeigt:
darauf eingestellt, dass einem (z.B. vom Arzt) geholfen
wird. Alleine das „Gesund-werden-wollen“ reicht
also aus, um Körperfunktionen zu verändern!
Im Grunde
deutet das sehr schön auf die Einheit von Körper,
Seele und Geist hin. Und im Grunde genommen könnte
man nun auch in Frage stellen, inwieweit es tatsächlich
erforderlich und gerechtfertigt ist, dass die Entwicklung
eines einzigen neuen Medikamentes rund eine Milliarde Euro
kostet.
Jedoch:
Das widerspricht eben der Erwartung(!) der Masse der Menschen,
die im „Ursache->Wirkung“-Denken lebt. Und
so wird auch für „Placebo“-Wirkungen in
aller Selbstverständlichkeit nach irgendeiner Ursache
gesucht – und mit der Erwartungshaltung natürlich
auch gefunden. Nämlich: „In der Psyche“,
die „die körpereigene Biochemie aktiviert“.
Dabei
beschränkt sich dieses Phänomen keineswegs auf
die Wahrnehmung weißer Kittel und das Einnehmen wirkstoffloser
Tabletten: In den USA behandelte der Orthopäde James
B. Moseley 180 Patienten wegen Knie-Arthrose: Zwei Drittel
operierte er tatsächlich, bei 60 Patienten dagegen
jedoch setzte er nur leichte Schnitte an der Hautoberfläche.
Nach zwei Jahren zeigten sich 90% aller 180 Patienten zufrieden,
also auch die, die nur „scheinoperiert“ wurden.
Letztere waren sogar mehrheitlich völlig schmerzfrei.
Und
umgekehrt: Die Wirkung von „Nocebos“
Nicht
nur positive Erwartungen haben die Tendenz, zur Wirklichkeit
eines Menschen zu werden, sondern auch negative: Die so
genannten „Nocebos“. Menschen, die in ständiger
Angst vor einer Herzerkrankung leben, bekommen viermal häufiger
tatsächlich einen Herzinfarkt als Menschen, die sich
darüber keinerlei Gedanken machen. Es wird geschätzt,
dass nicht weniger als die Hälfte aller Erkältungswellen
das Ergebnis eines „Nocebo“-Effektes sind –
die Betroffenen also keineswegs durch einen Virus an Grippe
erkranken, sondern lediglich und gerade und nur deshalb,
weil sie Angst davor haben.
Im 19.
Jahrhundert galten etwa Tomaten noch als giftig. Und so
kamen immer wieder Menschen mit einer „Tomatenvergiftung“
in die Krankenhäuser. Mitte des Jahres 2000 wurden
in Brüssel 38 Schüler mit Kopfschmerz, Übelkeit
und Fieber in ein Krankenhaus gebracht, nachdem sie „Coca-Cola“
getrunken hatten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die
Getränke durch einen Produktionsfehler lediglich unangenehm
rochen und schmeckten, aber keineswegs vergiftet waren. |