Wann
genau eigentlich ist ein Menschen gesund? Ab wann genau
ist er krank? Jenseits ärztlicher Diagnosen und Befunde
ist das mit der Gesundheit und Krankheit eine knifflige
Angelegenheit. Und das liegt vor allem an der Unterscheidung
zwischen beidem.
René
Descartes, anno 1619: Das „Maschinendenken“,
das Trennen von „Subjekt(ivität)“ einerseits
und „Objekt(ivität)“ andererseits, der
„Zweifel aus Prinzip“ und das „Entweder-Oder“.
Alles das fällt unter sein Copyright und alles das
ist noch heute, fast 400 Jahre später, maßgeblich
dafür, wie Gesundheit und Krankheit betrachtet werden.
Demnach
ist ein Mensch also entweder gesund oder krank. So, wie
eben eine Maschine entweder funktioniert oder nicht. Das
Befinden eines Menschen kann – nach Descartes und
heute noch immer – also auch analysiert (nämlich:
„zerlegt“) werden, um Ursachen aufzuspüren.
Wobei es jedoch etwas holperig wird, wenn sich ein Mensch
subjektiv krank fühlt, aber „objektiv“
kerngesund ist. Oder umgekehrt.
Die Tücken einer mittelalterlichen Denkweise, wenn
sie „ganz normal“ auch im 21. Jahrhundert praktiziert
wird. Und diese Tücken… nur beispielsweise.
Abgrenzungsprobleme:
Gesundheit und Krankheit
Zitat
René Descartes: „Der Körper enthält
nichts, was dem Geist zugerechnet werden könnte, und
der Geist beinhaltet nichts, was zum Körper gehörig
wäre“. Mit anderen Worten: Eine Einheit
von Körper, Seele und Geist gibt es nicht.
Auf
Grund dessen wird eben erst einmal der Körper in sämtliche
Einzelteile zerlegt (also: „untersucht“). Sollte
wider Erwarten die Ursache für ein Leiden nicht gefunden
werden, bekommt der Patient eine Überweisung zum Psychotherapeuten
in die Hand gedrückt, der dann versucht, den Geist
bzw. das Gemüt und Seelenleben fachmännisch zu
zerlegen.
Die so genannten „psychosomatischen“ Krankheitsbilder
sind also bestens bekannt: Der Versuch einer diagnostischen
Verbindung von etwas, das man vorher schön ordentlich
getrennt hat.
Das
Kernproblem, mit dem man sich hier – freiwillig –
herumschlägt: Eben erst durch das gedankliche Trennen
von Körper einerseits und Geist bzw. Seele andererseits,
sowie durch das Trennen von Gesundheit und Krankheit, wird
man blind für die Tatsache, dass jedwede Abgrenzung
willkürlich und künstlich vorgenommen wird.
Es gibt
keinen „Punkt X“, bis zu dem ein Mensch gerade
noch gesund ist, und keinen „Punkt Y“, ab dem
er definitiv krank ist. Weder körperlich, noch psychisch.
Weshalb auch noch nicht einmal ein Chirurg behaupten würde,
nach dem Entfernen des Magengeschwürs sei der Patient
gesund. Und weshalb es nicht selten zu beobachten ist, dass
sich Menschen trotz irgendeiner Krankheit pudelwohl fühlen:
Alkohol-, Spiel- und Nikotinsüchtige zum Beispiel,
die sich (schlicht und einfach) nicht für süchtig
halten und auch keinen Deut darunter leiden.
Homöostase:
Ein fließendes Gleichgewicht
Dass
(zum Beispiel) Menschen unter Stress leiden und einen Herzinfarkt
nach dem anderen bekommen, während andere Menschen
nach eigener Aussage Stress „brauchen“, um sich
gut zu fühlen, deutet bereits auf eine gewisse Relativität
hin.
Und in der Tat ist es grob fahrlässiger Unfug, im 21.
Jahrhundert noch immer von einem „Gesundheitszustand“
zu sprechen: Gesundheit ist - genauso wenig wie Krankheit
- ein „Zustand“!
Sondern:
Das Gesamtbefinden eines Menschen ist ein permanentes Fließen
und damit ein Prozess. Ein Prozess, in dem optimalerweise
ein fließendes Gleichgewicht („Homöostase“)
herrscht. Wird dieses Gleichgewicht durch irgendeinen Einfluss
gestört (besser: irritiert), ist ein Mensch möglicher-,
aber nicht notwendigerweise krank. Wobei übrigens in
Erwägung gezogen werden darf, dass erst aus diesem
Gefühl des Krankseins dann ein erkennbares Leiden wird.
Und
weil es sich bei dem permanenten Schwanken zwischen Gesundheit
und Krankheit um einen Prozess handelt, ist das noch immer
übliche „Wenn->Dann” des „Ursache->Wirkung”-Denkens
völlig fehl am Platze. Weder Gesundheit noch Krankheit
lassen sich jeweils auf irgendeine bestimmte Ursache reduzieren.
Beides ist immer – charakteristisch für Prozesse
– ein Resultat von Gegen- und Wechselwirkungen, in
denen etliche verschiedene Einflüsse gleichzeitig wirken. |