Nicht
nur jedem Existenzgründer wird schon in Kursen an der
Volkshochschule erklärt, wie wichtig es ist, sich „von
der Konkurrenz abzugrenzen“. Es dreht sich dabei um
so genannte „Alleinstellungsmerkmale“, die nicht
nur Unternehmen aus der Masse herausheben sollen. Die „Individualität“
steht auch bei Otto Normalbürger hoch im Kurs.
Das
Konkurrenzdenken á la Darwin und „Nur der Stärkere
überlebt“ wird im Wettbewerb – und zwar
keineswegs nur im wirtschaftlichen, sondern auch in „Wettbewerben“
zwischen Menschen – so interpretiert, dass „der
Stärkere“ bestimmte Merkmale aufweisen muss,
die ihn auch gut erkennbar zum Stärkeren machen. So,
wie Könige eben ihre Krone haben, um sich vom gemeinen
Volk abzuheben.
Es geht
darum, sich selbst bzw. das eigene Angebot von anderen abzugrenzen,
fachliche Stichworte: Positionierung, Profilierung, Alleinstellung,
um sich und/oder das Angebot als „einzigartig und
unverwechselbar“ als „das Bessere“, „das
Ideale“ oder gar als „das einzig Wahre”
darzustellen.
Die
Beschränkung, nur irgendetwas irgendwie anders zu tun
Die
Motivation, etwas „Besonderes“ zu sein, „anders
als andere“ zu sein und sich aus der Masse hervorzuheben,
hat eine ganze Menge Mittel und Maßnahmen entstehen
lassen, die das ermöglichen sollen. Jedoch: Schon alleine
dadurch, sich dieses Ziel zu setzen, und auf alle diese
Mittel, Maßnahmen und Methoden zurückzugreifen,
tut man letztlich exact das selbe, wie alle anderen auch
und stolpert damit prompt in genau die Gleichartigkeit,
der man entkommen wollte.
Im Klartext:
Das einzige, worin man sich von anderen unterscheidet, ist
allenfalls die Variation der Mittel, Maßnahmen und
Methoden, die jeweils verwendet werden. Doch lediglich etwas
anders zu tun, bewirkt eben noch lange nicht, anders zu
sein.
Sogar eher im Gegenteil kann der krampfhafte Versuch von
Abgrenzung und Alleinstellung in eine sehr einsame Isolation
führen. Und zwar gerade, wenn man die Konkurrenz als
Maßstab dafür setzt, was nun „anders“
ist und was man anders machen könnte und sollte.
Was
dabei ruckzuck bis zur Unkenntlichkeit verloren geht, ist
etwas, das man gern als „Authentizität“
bezeichnet: Wenn die Konzentration auf die Konkurrenz, auf
„die anderen“ und auf das, was diese anderen
tun und lassen das eigene Denken und Handeln bestimmt–
im Unternehmertum in Form des „Benchmark“ üblicher-
und prekärerweise sogar als eine Notwendigkeit und
als Erfolgsfaktor betrachtet.
Den Dreh- und Angelpunkt des eigenen Denkens und Handelns
bildet dann eben nicht, was tatsächlich „einzigartig
und unverwechselbar“ ist, sondern der Dreh- und Angelpunkt
ist die Auseinandersetzung mit der Konkurrenz: Die Motivation,
in einem Vergleich besser dazustehen und besser abzuschneiden.
Also: Der Kampfgedanke.
Verbiegen
bis zur Einzigartigkeit
Dieser
freiwillige Konfrontationskurs ist umso schlimmer, als dass
jeder Mensch (und damit auch: jedes Unternehmen) ohnehin
per se bereits einzigartig ist – und es eben deshalb
völlig überflüssig ist, per Mittel, Maßnahmen
und Methoden und mit erheblichem Aufwand eine Einzigartigkeit
produzieren zu wollen.
Es würde
also absolut ausreichen, die bereits „von Natur aus“
existierende Einzigartigkeit ganz einfach „nur”
auszustrahlen und auf diese Weise Erfolg ebenso einfach
zur Resonanz zu bringen – statt mit einem völlig
unnötigen Heidenaufwand darum zu kämpfen.
Der eigentliche Knackpunkt an der Sache lauert genau dort,
wo man meint, dass das „nicht ausreichen” würde.
Dass es nicht ausreichen würde, einfach nur sich selbst
zu (re-)präsentieren. Hier zeigt sich dann: fehlendes
Selbstvertrauen im wortwörtlichen Sinne – was
dann wiederum zwangsläufig ausgestrahlt wird und in
der Regel nicht besonders gut ankommt.
Denn:
Wenn sich auf die Andersartigkeit von Mitteln, Maßnahmen
und Methoden beschränkt wird, wenn es vornehmlich um
die bunte Verpackung und um flotte Sprüche geht, wenn
Schein statt Sein im Mittelpunkt steht…
…dann verbiegt man sich selbst auf eine Weise, die
vielleicht nach irgendwelchen Standards und Normen einen
Eindruck von „Einzigartigkeit“ ermöglicht.
Jedoch: Nur selten ist etwas, das verbogen ist, dann noch
sonderlich zu gebrauchen. |