„Computer-Berechnungen
zeigen, dass…“ und „Die Analyse des Computers
hat ergeben, dass…“ sind heute nahezu selbstverständlich
verwendete Floskeln. In Ehrfurcht wartend auf das, was „der
Computer sagt“, neigt die Masse dazu, das eigene Denken
einzustellen.
Die
heutigen Leistungen von Computern können beeindrucken:
Computer haben die „Fähigkeit”, Unmengen
von Daten in einem Tempo zu verarbeiten, wie es ein Mensch
niemals können wird. Wer dieser Feststellung zustimmt,
tappt allerdings bereits in die erste Stolperfalle. Denn:
Dass Computer „eine Fähigkeit haben“ ist
Humbug. Kaum jemand würde von seinem Auto sagen, dass
es „die Fähigkeit hat, den Innenraum zu beheizen“.
Der Computer wird auf eine seltsame Weise vermenschlicht.
Wenn
es heißt „Moment, der Computer rechnet noch“,
fällt das genauso in diesen Bereich, wie ein „Wir
müssen warten, was der Computer sagt“. Ein Computer
kann demnach rechnen und sprechen. So, wie er letztlich
„Befehle ausführt“. Und manchmal, so heißt
es, „spinnt der Computer” sogar.
Redewendungen
in gedankenloser Anwendung
Wie
so oft, wird die Bedeutung von Redewendungen erheblich unterschätzt.
Die Masse der Menschen winkt dabei ab mit einem „Das
sagt man eben nunmal so“, ohne sich den Hauch eines
Gedankens darüber zu machen, warum „man“
das eigentlich so sagt – und: warum man es nicht etwa
anders sagt. Quasi: „Egal“.
Dass das natürlich keineswegs egal ist, sondern dass
Sprache und Wort(-) Wahl(!) eine enorme Bedeutung haben,
wird auf diese Weise sehr gern in die Ecke der Philosophiererei
abgeschoben. Dorthin, wo es nicht weiter stört.
Jedoch
kann sich auch der Nicht-Philosoph und Otto Normalbürger
sicher durchaus vorstellen, dass wohl kaum zufällig
und „einfach so“ und weil es im Grunde egal
wäre, der heutige Posten des „Verteidigungsminister“
vor einigen Jahren noch „Kriegsminister“ hieß.
Der Punkt ist: Sprache vermittelt Wirklichkeit. So, wie
auch Zahlen in der Lage sind, Wirklichkeit zu vermitteln.
Angefangen bei der Schul-Note „1+“, die ein
„viel besser geht es nicht“ transportiert, während
alle anderen Noten das passende Steigerungspotenzial vermitteln.
„Kollege
Computer“: Der perfektere Mensch
Und
exact das passiert auch im Zusammenhang mit dem Computer:
Sprache wie auch Zahlen vermitteln Wirklichkeit. Erst recht
gilt das für die Zahlen, die ein Computer „ausspuckt“,
in der Regel auch mit dazu „etwas für´s
Auge“ bietend, wenn Zahlen in die Form von Balkendiagrammen
und Tortengrafiken gezaubert werden.
In dem
längst überholten kartesianischen Denksystem,
in dem das „Entweder-Oder“ dominiert, wird das
„Null oder Eins“, mit dem ein Computer rechnet,
damit zwangsläufig zur idealen Rationalität und
zur unübertrefflichen Ikone der perfekten Entscheidung.
Ein Computer schwankt nicht zwischen Null und Eins, er wägt
nicht zwischen Gut und Böse ab, ist nicht in schlechter
Stimmung und auch sonst nicht „von Emotionen getrübt”:
Ja oder Nein. Null oder Eins. Ohne jedes Zaudern und Zögern.
Unter
diesem euphorischen Eindruck stehend wird (unter etlichem
anderem) komplett verdrängt und ignoriert, mit welchen
Zahlen anhand welcher Kriterien und mit welchen Formeln
überhaupt ge- und berechnet, was genau multipliziert,
dividiert und aufsummiert wird. Zumal… ein Computer
nur das berechnet, das er aus irgendwelchen Gründen(!)
berechnen soll, mit Formeln, die ihm von irgendwem zu irgendeinem
Zweck „eingespeist“ wurden.
Im Angesicht
der Beeindruckung fällt alles das (und noch viel mehr)
elegant unter den Tisch. Es sind Fragen, die nicht gestellt
werden. Genau so, wie die Tatsache unter den Tisch fällt,
dass die Zahlen, die ein Computer „ausspuckt“,
nichts weiter sind als… Zahlen. Und sonst gar nichts.
Zahlen wiederum müssen in einen Zusammenhang gebracht
und interpretiert werden…
…und
das eben nun einmal: von einem oder mehreren Menschen, die
das unvermeidlicherweise vollkommen subjektiv tun, sich
jedoch auf die vermeintlich „objektiven“ Zahlen
der Computerberechnung berufen.
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