Jeder
von uns hat im Biologie-Unterricht über die Genetik
und die „Mendel’schen Gesetze“ gelehrt
bekommen, dass „die Gene“ die physiologischen
Eigenschaften von Lebewesen, also auch des Menschen bestimmen.
Die Epigenetik jedoch will diese bisherige Vorstellung grundlegend
verändern.
Entgegen
der bislang üblichen und gängigen Lehrmeinung
ist die Epigenetik (gr.: „zusätzlich zur Genetik“)
der Ansicht, dass die DNS längst nicht alle Erbinformationen
enthält. Nach der Epigenetik jedoch ergibt sich die
Gesamtheit aller Erbanlagen nicht nur allein durch die „in
der DNS enthaltenen” und „auf den Nachwuchs
übertragenen” Informationen, sondern gibt es
auch eine „Ebene außerhalb der DNS“, die
einem „Gedächtnis der Gene“ gleicht.
Das
heißt: Gene sind demnach in der Lage, sich „erinnern“
zu können. Zum Beispiel an die gesundheitliche Lebensführung
eines Menschen, an ganz persönliche Erfahrungen, psychische
und körperliche Belastungen – woraufhin sich
das Erbgut entsprechend verändert.
Wenn
auch Erlebnisse und Erfahrungen vererbt werden
Im Klartext
heißt das: Die heutige Generation hat also keineswegs
nur die rein physiologischen Erbanlagen von Eltern und Großeltern
mitbekommen, sondern auch deren Erlebnisse und Entbehrungen
in der Nachkriegszeit. Zum Beispiel.
Demnach würden auch Katastrophen wie beispielsweise
die Terroranschläge auf das „World Trade Center“
im Jahr 2001 das Erbgut von Menschen verändert haben;
je nach dem, wie direkt sie daran beteiligt waren –
und dieses individuell veränderte Erbgut an ihre Kinder
weitergeben.
Die
Idee der Epigenetik geht auf die Forscher Marcus Pembrey
und Olov Bygren zurück, die in den Gemeindebüchern
eines Ortes in Schweden blätterten, und dabei entdeckten,
dass eine Hungersnot im Leben von Menschen durchaus die
Lebenserwartung deren Enkel beeinflussen kann.
Wie
nahezu jede revolutionäre Idee, die Gewohntes in Frage
stellt, wird „natürlich“ auch die Theorie
der Epigenetik von Zweiflern zerrissen. Vor allem deshalb,
weil sie sich nicht so eindeutig formulieren und nachweisen
lässt, wie die „Mendel’schen Gesetze“.
Das
Phänomen der „Chromosom15-Anomalie“
Es gibt
jedoch mehrere Indizien, die gegen die noch herrschende
Lehrmeinung sprechen. Eines davon ist die „Chromosom15-Anomalie“.
Demnach kann eine Anomalie des „Chromosom15“
im Erbgut eines Kindes zu zwei verschiedenen Krankheiten
führen: Entweder zum „Prader-Willi-Syndrom“
(Muskelschwäche und permanenter Heißhunger),
wenn das entsprechende Gen vom Vater stammt, oder zum „Angelmann-Syndrom“
(Sprachunfähigkeit, permanentes Lächeln), wenn
das entsprechende Gen von der Mutter stammt.
Die
Kardinalfrage ist natürlich: Woher „weiß“
das Chromosom15, ob es vom Vater oder von der Mutter stammt
und welche Krankheit es daher auslösen „muss“?
Nach der gängigen Lehrtheorie der Genetik kann weder
diese Frage beantwortet werden, noch wäre dieses Phänomen
überhaupt möglich. Die Epigenetik jedoch hätte
mit dem „Gedächtnis der Gene“ eine Antwort:
Das „genomische Imprinting“, durch das in der
embryonalen Phase die Gene so geprägt werden, dass
sie sich „erinnern“ können, ob sie von
Vater oder Mutter stammen.
„An“
oder „Aus“: Genetische Schaltkreise
Nach
der Epigenetik bestimmen also nicht nur die Informationen
in der DNS über das Erbgut: Das „genomische Imprinting“
sorgt zusätzlich noch dafür, ob ein vorhandenes
Gen überhaupt aktiviert ist oder nicht. Also: ob eine
Veranlagung überhaupt zur Krankheit führt.
Das
heißt: Selbst wenn ein Mensch von seinen Eltern ein
erhöhtes Krebsrisiko oder eine andere schwere Krankheitsveranlagung
vererbt bekommen hat, würde das nach der Epigenetik
noch lange nicht bedeuten, dass dieser Mensch jemals in
seinem Leben darunter leiden müsste.
Sondern „epigenetische Schalter“ bestimmen,
ob die jeweiligen Gene „an-“ oder „ausgeschaltet“
sind und das Ausbrechen der Krankheit entsprechend zulassen,
verzögern oder komplett verhindern.
Und das heißt auch: Bestimmte Krankheiten wie zum
Beispiel Krebs oder Diabetes wären eben keineswegs
die Folge der ungesunden Lebensführung eines Menschen,
sondern könnten eben durchaus Folgen der Lebensführung
der Eltern und/oder sogar Großeltern sein.
Nagelneue
Theorie. Uraltes Denken.
So interessant
die Epigenetik als neuartige Theorie auch ist, sicher auch
zu neuen Erkenntnissen führen kann, und die gewohnte
Lehrmeinung als mittelalterliches Denken entlarvt…:
sie basiert ebenfalls selbst darauf. Denn:
Das uralte Denksystem à la Descartes, anno 1619,
Der Mensch als simple Maschine, mit dem „Wenn->Dann“
des „Ursache->Wirkung“-Denkens liegt der
gängigen Theorie zugrunde, „die Gene“ würden
über die Merkmale eines Menschen bestimmen.
Jedoch:
Dasselbe hoffnungslos überholte Denksystem findet sich
eben auch in der Epigenetik mit ihren „epigenetischen
Schaltern“ und dem vermeintlichen „An oder Aus“
der Gene. Das ist mechanistisches Denken vom Feinsten.
Und
das noch ganz abgesehen von einem Denkfehler, den beide
Theorien in sich tragen. Nämlich: Eigenschaften könnten
vererbt werden – was schon deshalb nicht möglich
ist, da nichts und niemand auf dieser Welt Eigenschaft tatsächlich
hat, sondern Eigenschaften immer nur anhand von Beobachtungen
(und damit: vom menschlichen Verstand) zugeordnet werden.
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