Neben
der Gehirnforschung liegen die Genetik, die Gentechnik,
die Genforschung im Trend unserer Zeit. Der Mensch und alles,
was er ist und was ihn ausmacht, was jeden Menschen zum
einzigartigen Lebewesen macht, liegt verschlüsselt
in den Genen herum(?). Ein paar Details lassen jedoch daran
zweifeln.
Die
Gene von Lebewesen befinden sich in der so genannten DNS,
der Desoxiribonukleinsäure, sind also lediglich ein
Teil davon, auch wenn hier und da beides gleichgesetzt wird.
Den Genen wiederum wird zugesprochen, die „Baupläne“
des individuellen Organismus für Proteine und Moleküle
zu beinhalten.
Man geht daher auch davon aus, dass die Gene die physischen
Merkmale eines Menschen bestimmen: Geschlecht, Körpergröße,
Augenfarbe und Haarwuchs (nur beispielsweise).
Ebenso bestimmen die Gene demnach die mögliche Entwicklung
geistiger Fähigkeiten (also: nicht über die geistigen
Fähigkeiten an sich, sondern über die Möglichkeiten
deren Entwicklung), sowie über Lebenserwartung, Krankheiten
und sonstige Veranlagungen.
Zerlegter
Mensch: Auf der Suche nach dem Schlüssel
Etwas
dumm jedoch, dass sich alles mögliche im menschlichen
Körper wunderbar analysieren und untersuchen lässt,
nur ausgerechnet die genetischen Erb-Informationen „verschlüsselt“
sind.
So wurde
im Jahr 1990 das „Human Genome Project“ ins
Leben gerufen, das – übrigens ausgestattet mit
einem Budget von 3 Milliarden US-Dollar – bis zum
Jahr 2005 den „passenden Schlüssel“ für
das gesamte menschliche Erbgut finden oder auch basteln
wollte. Die Genetiker stellten damals in Aussicht, dadurch
sämtliche Fragen über die persönlichen Vorlieben
jedes Menschen, seine Neigungen und Interessen, seine Intelligenz
und sein Aggressionspotenzial, sowie seine Anfälligkeit
für Krankheiten beantworten zu können. Fortan
kursierte die Metapher des „gläsernen Menschen“
mit allen Vor- und Nachteilen, die man darin sehen will.
Bereits
im Juni 2000, fünf Jahre eher als erwartet, wurde die
„Entschlüsselung“ des menschlichen Erbgutes
bekannt gegeben. Der damalige US-Präsident Bill Clinton
verkündete dabei: „Heute lernen wir die Sprache
kennen, mit der Gott das Leben geschaffen hat“.
Jedoch:
Die „Entschlüsselung“ ernüchterte
auch Experten. Denn die Forscher ermittelten, dass der Mensch
lediglich zwischen 20.000 und 23.000 aktive Gene besitzt
– ungefähr so viele wie ein Fadenwurm, der noch
nicht einmal ein Gehirn hat. Erwartet hatte man dagegen
um die 130.000 Gene. Und selbst der Weizen (also in der
Tat: die Getreidepflanze) hat ein rund fünfmal größeres
genetisches Erbgut als der Mensch, nämlich etwa rund
100.000 Gene.
Der
Biochemiker Craig Venter, durch seine Forschungen als „Herr
der Gene“ bekannt, meinte zu diesem Ergebnis: „Die
Vorstellung, dass ein Gen genau einer Information entspricht,
ist soeben aus dem Fenster geflogen“.
Mehr noch: Statt der endgültigen Entschlüsselung
des menschlichen Erbgutes resultierte die Frage, wie der
komplexe Organismus des Menschen mit derart wenig Genen
überhaupt funktionieren kann.
Das
Denken des 17. Jahrhunderts als übliche Stolperfalle
Zunächst
einmal wird auch bei dieser hochmodernen Forschung nicht
nur die Methode der Analytik (also: des Zerlegens) à
la Descartes anno 1619 angewandt: Der Mensch als simple
Maschine. Sondern das Ganze wird dazu noch versucht, mittels
des „Wenn->Dann“ des „Ursache->
Wirkung“-Denksystems zu erforschen und zu erklären.
Der
Großteil der Wissenschaftler denkt deshalb auch im
21. Jahrhundert noch in linearen Folge- und Ablaufketten:
„Gen A sorgt für die Produktion von Eiweiß
B, das wiederum Eiweiß C aktiviert, das wiederum Protein
D in Gang setzt“.
Kompetentere Wissenschaftler weisen allerdings immer wieder
darauf hin, dass es sich deutlich anders und eben nicht
nach dem „Ursache->Wirkung“-Prinzip verhält.
Ein Gen hat demnach nicht auch eine ganz bestimmte Funktion,
sondern kann mehrere unterschiedliche Prozesse aktivieren.
Andere Eigenschaften wiederum resultieren daraus, dass sich
zwei Gene „überlappen”.
Also:
Das Denksystem des 17. Jahrhunderts als übliche Stolperfalle,
perfektioniert durch die Hochtechnologie, lässt wieder
einmal mehr Fragen entstehen als beantwortet werden. Zumindest
gibt es dadurch nun einen Grund, weiterforschen zu müssen
und vielleicht ein noch etwas höheres Budget dafür
zu bekommen.
Bei
dem Ganzen wird übrigens in aller Regel ein nicht ganz
unwichtiges Detail sehr elegant unter den Tisch fallen gelassen:
Wenn über „die DNS“ und über „die
Gene“ gesprochen wird, dann ist damit ausschließlich
der Teil der DNS gemeint, in dem die Proteine verschlüsselt
sind!
Und auch nur auf diesen Teil der DNS bezieht sich alles,
was erforscht wird und was über „die Gene“
bis heute einigermaßen bekannt ist, von Krankheiten
bis zum „genetischen Fingerabdruck“.
Das
ist deshalb nicht ganz unwichtig zu wissen, weil es sich
bei diesem Teil um gerade einmal 3 bis 5 Prozent der gesamten
DNS handelt! Die restlichen 95 bis 97 Prozent der DNS, über
die rein gar nichts bekannt ist, werden entweder niemals
erwähnt, oder auch als „DNS-Müll“
oder „Schrott-DNS“ bezeichnet.
Mit dieser Detail-Information kann der Laie nun in die Natur
blicken und sich umschauen, ob er dort irgendwelchen völlig
sinnlosen, natürlichen „Müll“ der
Evolution findet – und sich fragen, ob es nicht ziemlich
naiv sein könnte, bis zu 97% der DNS als nutz- und
sinnlosen „Schrott“ und „Müll“
zu betrachten.
Ein
US-Forscher-Team um Andrew McCallion an der Johns Hopkins
University ist im Dezember 2007 übrigens mitten im
„DNS-Müll“ rein zufällig doch auf
eine relevante Erbgutinformation gestoßen –
und schließt daraus, dass mit den üblichen Methoden
der Genforschung bislang deutlich zu viele Bereiche der
DNS kurzerhand als „Schrott“ aussortiert werden.
Sieh an.
Seit dem forschen inzwischen weltweit 80 Labore im bislang
gemutmaßten „Müll” herum, mit der
neuen Annahme, dass es sich dabei eben doch nicht um „Schrott”
handelt, sondern dass man die darin vorhandenen Informationen
lediglich noch nicht versteht.
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