Der
Slogan des „Zeitalter der totalen Kommunikation“,
der „Informations- und Wissensgesellschaft“
täuscht elegant darüber hinweg, worum es bei dem
Ganzen überhaupt geht. Mehr noch: Im Angesicht und
unter dem Eindruck eines enormen, rasanten technischen Fortschritts
wird diese Frage gar nicht erst gestellt.
Doch
worum geht es eigentlich tatsächlich, wenn „Bildung
und Wissen“ als aktuelle Kampagne ausgerufen wird?
Worum geht es eigentlich tatsächlich, wenn nicht nur
Abgeordnete, Vorstandsvorsitzende und der Papst jederzeit
und an jedem Ort erreichbar sein müssen, sondern seit
ein paar Jahren, dank Mobilfunk, angeblich auch Otto Normalbürger?
Worum
es im Kern dabei geht, will kaum jemand wissen. Erstens
ist es einigermaßen mühsam, sich tiefere Gedanken
zu machen, zweitens übernehmen diese Aufgabe besser
irgendwelche Experten, und drittens will man schließlich
nicht „von gestern sein“ und sich dem Fortschritt
nicht verweigern.
Was
(in Massen) produziert wird,
muss (an Massen) verkauft werden
Um bei
Henry Ford und dem Fließband anzufangen: Seine Frage
war, wie er in weniger Zeit zu weniger Kosten mehr Autos
zu einem geringeren Preis anbieten könne – um
letztlich somit mehr Autos verkaufen zu können.
Das war der Beginn der Massenproduktion. Und nicht viel
anders wird das auch noch heute gehandhabt. Ein Konzern,
der in der Lage ist, -zig Tausend Mobiltelefone am Tag zu
produzieren, muss diese Menge von Mobiltelefonen irgendwie
loswerden. Und das geht natürlich am besten, indem
man einer Masse von Menschen sagt, dass sie diese Geräte
unbedingt benötigen – etwa um „in Kontakt
zu bleiben“.
Ebenfalls
nicht anders, wenn es (zum Beispiel) um so etwas wie „Bildung
und Wissen“ geht: Durch Computer, Internet und Mobilfunk
ist Information inzwischen zu einer Ware geworden. Und Waren
müssen nun einmal… verkauft werden. Das wiederum
geht am besten, indem man den Menschen sagt, dass sie diese
Ware brauchen – zum Beispiel, um „mehr zu wissen“
und „gebildeter zu sein“.
Das
recht unscheinbare Wörtchen „um“ spielt
dabei eine entscheidende Rolle. Es lässt erkennen,
dass hier wie dort eines im Mittelpunkt steht: Der jeweilige
Zweck.
Es werden Waren, Produkte, Leistungen (übrigens auch:
Ideen) ver- und gekauft, „um…“. Der Zweck
dient als Grundlage für die Produktion. Und er dient
als Argument für den Kauf und Konsum. Über den
Sinn jedoch wird dabei nur in Ausnahmefällen nachgedacht.
Innovationsdenken:
Zweckmäßig, aber sinnlos
Die
gewohnt-üblichen Fragen „Was bringt mir das?“
und „Wozu ist das gut?“ zum Beispiel resultieren
aus genau diesem permanentem Zweckdenken, das völlig
aus der Bahn geraten ist. Dass etwa ein Computer Millionen
von Rechenoperationen durchführen, hochauflösende
Bilder ausdrucken und mit dem Internet verbunden werden
kann, dient sicher jeweils einem Zweck – doch es hat
nicht den geringsten Sinn.
Nicht
anders, was das Ermitteln irgendwelcher Zahlen für
Analysen und Statistiken betrifft: Auch dieses Ermitteln
dient in erster Linie einem bestimmten Zweck! Einen Sinn
bekommt es allenfalls durch die anschließende Interpretation
der ermittelten Zahlen, nicht selten ist selbst das völlig
sinnlos.
Exact
dasselbe betrifft auch den Bereich der Schulmedizin: Es
geht ausschließlich um die Zweckverfolgung und Zweckmäßigkeit,
aus einem erkrankten Menschen einen „gesunden”
zu machen, Schmerzen zu lindern und Defekte zu beheben.
Der etwaige Sinn einer Krankheit dagegen spielt keine Rolle.
Der etwaige Sinn, dass sich der Körper die Erholungspause
erzwingt, die ihm sein Besitzer freiwillig nicht gönnt.
Im Gegenteil:
Solche Fragen nach einem Sinn (z.B. von Krankheiten, auch
von Berufen, Forschungen, etc.) werden in die Schublade
der Mystik und Esoterik abgelegt. Es dreht sich alles nur
um den Zweck. Und weil das so ist, wird auch jede Idee und
jedes Vorhaben genau daran gemessen, bewertet und beurteilt:
an deren Zweckmäßigkeit. Es wird dem entsprechend
nur das überhaupt gedacht, was dem Zweck einer Innovation
dient – was nicht zweckmäßig und nicht
zweckdienlich ist, gilt als hinderlich und „am Thema
vorbei“.
Ein
Uralt-Denken des „Wenn->Dann“ und „Entweder-Oder“:
Noch immer Maßstab jeder Innovation – sei sie
auch völlig sinnlos. |