Innenstädte,
U-Bahn-Stationen, Busse, Bahnen, Taxis, Sportstadien, öffentliche
und Bürogebäude, sowie Schulhöfe: Beispiele
aus einer Liste von videoüberwachten Plätzen.
Wo man geht und steht ist die Überwachung inzwischen
derart zur Normalität geworden, dass man weder die
Kameras wahrnimmt, noch die Folgen.
Das
zweifelhafte Vorbild der Totalüberwachung ist London:
In der gesamten Innenstadt sollen über 500.000 Kameras
installiert sein (in ganz Großbritannien über
7 Millionen). Jeder Mensch, der sich durch London bewegt,
soll an einem Tag durchschnittlich von etwa 300 Kameras
erfasst werden. Tendenz: steigend.
Eine
Überwachungsorgie, die allerdings auch die Terroranschläge
auf die Londoner U-Bahn und Linienbusse am 7. Juli 2005
nicht verhindert hat.
Erstaunlicherweise geht es darum auch gar nicht. Weder in
London, noch in Deutschland, wo die Videoüberwachung
langsam aber sicher ähnliche Ausmaße annimmt.
Sondern es geht angeblich vielmehr um eine effizientere
Strafverfolgung und Aufklärung von Straftaten.
Leicht überspitzt formuliert lässt sich also feststellen:
Zugunsten der bloßen Statistik aufgeklärter Straftaten
wird ein totalitärer Überwachungsstaat billigend
inkauf genommen.
Nur
rein sicherheitshalber: Auf dem Weg zum Kontrollstaat
Dabei
stellt sich die Frage: Was genau ist eigentlich die „größere
Sicherheit“, die als Rechtfertigung für die Totalüberwachung
dient? Wovon genau sprechen Politiker, die das Installieren
von Kameras damit begründen, dass „der Bürger
heute ein gestiegenes Bedürfnis nach Schutz und Sicherheit“
habe?
Und zwar eben unter dem Aspekt, dass keine einzige Kamera
und keine einzige Videoaufzeichnung eine Straftat verhindert
und noch nicht einmal verhindern soll. Sondern dass es lediglich
um eine effizientere Aufklärung etwaiger Straftaten
geht – wenn und falls denn irgendwo eine begangen
und zufällig gefilmt wird.
Von
so etwas wie vergleichsweise seltenen Terroranschlägen
dabei ganz zu schweigen: Kameras nehmen zunächst erst
einmal alles und jeden auf. In dieser Bilderflut gilt es
irgendetwas zu finden. Nur: was oder wen?
Auch die Attentäter von London wurden nicht nur einmal
von Kameras erfasst. Doch wenn man nicht weiß, wonach
man eigentlich suchen soll, ist man auf zufällige Auffälligkeiten
angewiesen.
Da liegt
natürlich der nächste Schritt nahe: Das Live-Bild
durch einen biometrischen Filter mit Gesicht-Erkennung zu
jagen, was wiederum eine Datenbank mit Passbildern voraussetzt,
um einen Sinn zu haben. Der biometrische Reisepass, auf
dessen „RFID“-Chip auch das Bild des Besitzers
gespeichert ist, passt perfekt in dieses Schema. Wobei die
Entwicklung von Software, die in bewegten Bildern Gesichter
identifizieren kann, allerdings noch in den Kinderschuhen
steckt. Was die Totalüberwachung mit Kameras anbelangt,
ist vor allem zunächst erst einmal eines sicher: Die
Idee, die dem Ganzen zugrunde liegt, und an deren Realisierung
fleißig gearbeitet wird.
Der
aktuelle Grad der Überwachung mag zwar bereits bedenklich
stimmen, doch es sind lediglich die Vorbereitungsmaßnahmen
für etwas noch ganz anderes.
Für was genau, lässt die Verkehrsüberwachung
ungefähr erahnen. Denn das Scannen und Überprüfen
von erfassten Autokennzeichen ist technisch bereits optimiert
und in einigen Bundesländern im Einsatz. Hier noch
im Rahmen von Verkehrskontrollen, in London bereits grundsätzlich.
Und auch das natürlich… „rein sicherheitshalber“.
Nicht wenige, die irgendein Szenario á la Orwell
für Schwarzmalerei und endlos übertrieben halten.
Man darf jedoch in Betracht ziehen, dass hier ein Effekt
wirkt, der sich „Veränderungsblindheit”
nennt: Veränderungen, die (u.a.) sehr langsam stattfinden,
werden schlicht und einfach nicht wahrgenommen.
So ähnlich
wie beim nur schrittweisen Ausbau der Überwachung und
deren nur ganz allmählicher Anreicherung mit Auswertungs-
und Filterungsmethoden – bis man sich irgendwann „urplötzlich“
vor vollendete Tatsachen gestellt sieht.
Oder wie der ehemalige Polizeipräsident von Düsseldorf,
Hans Lisken meinte: „An die Stelle des Freiheitsstaates
wird der Kontrollstaat treten. Das alles wird rechtsstaatlich
verlaufen, sodass die Mehrheit den Übergang vom Rechtsstaat
zum Unrechtsstaat gar nicht bemerken wird“.
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