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1 ZEITREISE IN UNSER DENKSYSTEM

WARUM WIR SO DENKEN, WIE WIR DENKEN

von Falko A. Cerny
          

  • Entkommen aus dem gedanklichen Mittelalter

    Hier erwartet Sie eine bedeutsame Erkenntnis: Unsere grundsätzliche Denkweise und unser Denken, unser Verhalten und unsere Entscheidungen, unsere Erfolge und Probleme (etc, etc) sind mitnichten „vom Gehirn befohlen“, „von der Psyche gesteuert“ und ebenso wenig irgendwo „in den Genen“ versteckt.

    Das Geheimnis unseres Denkens liegt an einer ganz anderen Stelle als üblicherweise angenommen wird, und wo man (deshalb) ständig danach sucht. Es liegt weder im Gehirn, noch in Psyche oder Genen. Sondern es liegt in der Zeit...

  • anno 1607... Francis Bacon

    Francis Bacon gilt als der „Vater der empirischen Wissenschaft“. Er erfand die Empirie als Erkenntnisgewinn durch Versuchsreihen, sowie Daten-Erhebung durch Stichproben und einfache Beobachtung. Auf Bacon geht auch der Spruch „Wissen ist Macht” zurück.

    Bacon heute: Empirische Daten als Grundlage für Analysen aller Art, für Studien und Statistiken sowie Umfragen als moderne Form des Lesens im Kaffeesatz und Blicke in die Kristallkugel.
    Francis Bacon prägte die Wissenschaften, wie sie seit ihm betrieben werden: mit dem Ziel, die Natur unter Kontrolle zu bringen - während vorher Wissenschaft betrieben wurde, um die Natur besser zu verstehen.
    Laut Bacon: „Man muss sich die Natur gefügig und sie zur Sklavin machen” und „Das Ziel der Wissenschaft ist die Beherrschung und Kontrolle der Natur” ...siehe Gentechnik, Stammzellen-, Gehirn- und Klimaforschung, 'Anti-Aging'-Produkte, kosmetische Chirurgie, Landwirtschaft, Lebensmittelchemie, auch Ingenieursleistungen wie Staudämme, Bohrinseln, etc... Bacon, anno 1607, noch heute überall präsent.

  • anno 1619... René Descartes

    René Descartes, der so genannt „erste kritische Denker der Neuzeit“, erfand den „Zweifel aus Prinzip”, sowie die Analytik als gedankliches Zerlegen einer Problematik, das gedankliche Trennen von Subjekt(ivität)+Objekt(ivität) und von Körper+Geist, prägte damit auch das duale Denksystem sich ausschließender Gegensätze („Entweder-Oder”), so auch die Überbetonung des logischen Denkens. Descartes betrachtete die Welt als simple Maschine, als „perfektes Uhrwerk, das von Gott aufgezogen wurde”, das sog. mechanistische Weltbild, das noch heute unsere Denkweise bestimmt...

    Descartes heute: Analysen aller Art als „unverzichtbare” Entscheidungsgrundlage. Der Zwang, künstliche Ordnungen zu schaffen (Kategorisierung, Schubladendenken, etc). Das „Entweder-Oder”- Denken („Nur so und nicht anders”), die einseitige Überbewertung der Logik. Die Dominanz „objektiver” Fakten gegenüber „nur subjektiven” Vermutungen, sowie das gedankliche Trennen von „Subjekt” einerseits und „Objekt” andererseits („Ich”<->„Die Welt da draußen”). Der prinzipielle Zweifel als übersteigertes Misstrauen, das Verlangen nach Beweisen und Nachweisen aller Art (u.a. Schulnoten/Zeugnisse, Prüf-, Test-, Qualitäts-, Gütesiegel und Zertifikate aller Art). Zudem: der Selbstzweifel bis hin zu Zwangsneurosen... allesamt Descartes, anno 1619, noch heute im 21. Jahrhundert.

  • anno 1632... Galileo Galilei

    Galileo Galilei definierte, was als „Wissenschaft” gelten darf und was nicht. Nämlich (ganz nach Descartes) die Beschränkung auf das Zerlegbare, Zählbare, Messbare und Wiegbare, auf Mengen, Maße und Gewichte - alles andere sei keine Wissenschaft, allenfalls Forschung. Nach Galilei dürfe demnach also nur als Wissenschaft gelten, was sich „rein objektiv“ bestimmen ließe, „unverfälscht“ von „nur subjektiven“, zweifelhaften Sinneseindrücken (Gefühl, Geschmack, Geruch, Farben, Klänge, etc): Gedankliche Grundlage: „Die ganze Welt ist eine Maschine”.

    Galilei heute: In Form einer Trickkiste wird bis heute auch das Denken und Verhalten krampfhaft künstlich in Zahlen gegossen (Psychologie, Pädagogik, Statistiken, Umfragen, auch: Schulnoten und „IQ”), um es so trickreich als „wissenschaftlich” und „objektiv” deklarieren und den Menschen zum „Gegenstand der Untersuchung” machen zu können.
    Insgesamt: Der Glaube an eine „Objektivität“, getrieben von der Suche nach größtmöglicher Sicherheit bzw. Absicherung, das bestmögliche Ausschließen jeder Unsicherheit nicht zuletzt eine zwangsläufige Folge aus Descartes' „Zweifel aus Prinzip”. Übergeordnet: Die Suche nach „der” (einen einzigen, endgültigen) Wahrheit. Ebenfalls gemäß Descartes auch die Wissenschaft gespalten u.a. in Geistes- und Naturwissenschaften mit unzähligen Teildisziplinen, deren gesammelte Erkenntnisse irgendwann zusammen „die Wahrheit” erkennen lassen sollen.

  • anno 1667... Sir Isaac Newton

    Isaac Newton entdeckte u.a. das „Gesetz von Ursache und Wirkung”. Noch bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts(!) betrachtete man in der Wissenschaft Newtons Gesetze als „Generalschlüssel für alles”. Sobald man erkannt hätte, nach welchen mathematischen Regeln etwas funktioniert, je genauer die Zahlen und Daten, desto genauer auch die Voraussage, was passieren wird. Noch bis in die 1960er(!) Jahre sah man Newtons Gesetze als Beweis für die „Weltmaschine”, siehe Descartes. Damit wäre also alles (restlos: alles!) nur ein mathematisches Problem.

    Newton heute: Man meint noch immer, im Prinzip sei alles berechenbar, planbar, kalkulierbar, optimierbar, könne „an Stellschrauben drehen” und „Feinjustierungen vornehmen”. Und man meint heute noch immer, jeden Erfolg (Strategie/Methode) als „Erfolgsweg” von einem Ist zu einem Soll bzw. Ziel („Ist->Soll”) planen zu können und sogar zu müssen („Wie denn sonst?”). Und man meint ebenfalls noch immer, Kommunikation sei eine Informationsübertragung zwischen einem Sender und einem Empfänger („Sender->Empfänger”), auch das in allen Lebensbereichen, Politik, Werbung und Verkauf, von Schulbildung und Erziehung („Lehrer->Schüler”, „Eltern->Kind”) bis zur Medizin („Arzt->Patient”, „Therapie->Heilung”), etc, etc, alles ganz nach Newtons Ursache->Wirkung.


  • Meilensteine unseres Denksystems

    Das waren bis hierhin die wichtigsten Meilensteine, von 1607 bis 1667, die noch immer unsere heutige Denkweise prägen und unser heutiges Denken bestimmen! Der Fachbegriff dafür lautet „typisch-Europäische Dissoziation“, aufgrund der Entstehung im Europa des 17. Jahrhunderts. Eine „Dissoziation“ wiederum ist der Fachbegriff für eine einseitig-eingeengte Wahrnehmung.

    Eine einseitig-eingeengte Denkweise, die sich über 400 Jahre und über die Generationen als Selbstverständlichkeit etablieren konnte, als das „ganz normale” Denken, in dem wir leben. Auch nach 1667 mit weiteren prekären Folgen...


  • anno 1676 ff... Wirtschaft & Management

    In den Jahren zwischen 1676 und 1882 wurden von Sir William Petty (1676), John Locke (1682), Adam Smith (1776) und Frederick W. Taylor (1882) die Theorien für Wirtschaft und Management entwickelt, wie es grundsätzlich noch heute unverändert betrieben wird; allesamt gedanklich auf dem mechanistischen Denksystem der „Weltmaschine“ à la Descartes und Newton basierend.
    Das heißt: auch unser gesamtes ökonomisches Denken, Wirtschaft und Management, unser etabliertes Verständnis von Begriffen wie „Wachstum“, „Arbeit“, „Leistung“, „Erfolg” etc ist heute noch immer auf dem Stand des 17. und 18. Jahrhunderts, völlig unverändert und von heutigem Wissen längst überholt.


  • anno 1810... Wilhelm von Humboldt

    Wilhelm von Humboldt verfasste im Jahr 1810 mit seinem „Königsberger Schulplan” die Grundstruktur des Schul- und Bildungssystems, wie wir es bis heute kennen. Humboldt führte verbindliche Prüfungen für angehende Lehrer sowie Schulabgänger ein, definierte Bildung als „Vermitteln zentraler Normen zur Lebensgestaltung” und vertrat dabei das Leistungsprinzip.

    Humboldt heute
    : Bildung als Auslese, Rivalität und Konkurrenzkampf, nicht etwa zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, sondern im Kampf gegen andere, um das berufliche, wirtschaftliche und soziale Überleben. Die Einführung „überprüfbarer Standards” bedeutet genormtes Lernen von genormten Wissen (Lehrplan): gewollte Durchschnittlichkeit zur vermeintlichen Vergleichbarkeit, mit Lehrenden und Belehrten (Lehrer->Schüler) an Lehranstalten, so dass man sich Schule bzw. Bildung heute kaum noch anders vorstellen kann.


  • anno 1859... Charles Darwin

    Charles Darwin stellte 1859 die Theorie der „Entstehung der Arten durch natürliche Mutation und Selektion” auf, die dem Motto „Nur der Stärkere überlebt” entspricht. Darwins Theorie kursiert immer noch als „optimale Anpassung an Veränderungen” und wird so heimlich zur Notwendigkeit erklärt, ist jedoch tatsächlich eine Theorie der Artenvielfalt durch Verzweigung.

    Darwin heute: Das Auslese-, Rivalitäts- und Konkurrenzdenken ist noch heute die „ganz normale” Grundmentalität; sodass heute um und gegen alles mögliche erbittert gekämpft wird, vor allem um das wirtschaftliche und soziale Überleben, vom Konkurrenzkampf, Wahlkampf und Arbeitskampf, Kampf gegen Naturgewalten, gegen Krankheiten, gegen Kriminalität und Terror, von „feindlichen Übernahmen”, Preiskämpfen, Rabatt- und Argumentationsschlachten, über „Autobahnraser”, Schlägereien um einen Parkplatz und Nachbarschaftskriege um einen Gartenzaun, bereits in der Grundschule, wenn der „Rechenkönig” gekürt wird. Das ganze Leben als ewiges Bedrohungsszenario, in ständiger Abwehrhaltung, Verlust- und Versagensangst.


  • anno 1876... Robert Koch

    Robert Koch gelang es im Jahr 1876 erstmals, einen Krankheitserreger (Milzbrand) außerhalb des menschlichen Organismus zu kultivieren und erklärte erstmals ein Bakterium als alleinigen Verursacher einer Krankheit. Koch gilt damit als derjenige, der „die Medizin ins Labor holte”, und die Themen Gesundheit, Krankheit und Heilung industrialisierte.

    Koch heute: In aller Selbstverständlichkeit wird Medizin vor allem als Leistung der Chemie und Hochtechnologie verstanden und alles andere als „Hokuspokus” und „Quacksalberei” abgetan. Damit verbunden: die Leugnung des Zusammenwirkens von Körper und Geist, sowie sämtlicher Lebenskontexte. Der Mensch in mechanistischer Denkweise reduziert auf das Funktionieren; ganz nach Newton anno 1667, sowie Descartes 1619, sowie Bacon 1607 (vgl. überall dort).


  • Abschied vom 50-Prozent-Denken

    Aus dieser Zeitreise ist erkennbar, dass sich unsere grundsätzliche Denkweise seit dem 17. Jahrhundert nicht im geringsten verändert hat: die „Europäische Dissoziation”. Mehr noch... man kann sogar sagen: Wir befinden uns gedanklich noch immer auf dem Stand des Mittelalters! ...und könn(t)en es problemlos besser wissen!

    Die Konsequenz ist ein „50-Prozent-Denken auf einem längst überholten Kenntnisstand ...das wir für „ganz normal” halten - und deshalb fällt es uns nicht auf. Umso spannender und aufregender ist es, mit einem außer(-)gewöhnlichem anderen Wissen das eigene Potenzial glatt zu verdoppeln. Empfehlung: Lesen Sie >> hier weiter.

    

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