Nicht
ganz ohne Grund werden Zauberkünstler und Magier auch
als „Illusionisten“ bezeichnet: Magie auf der
Bühne ist in erster Linie die perfekte Täuschung
dessen, was der Zuschauer glaubt zu sehen. Ein Spiel mit
der Wahrnehmung. Ein Magier erklärt seinen Beruf wie
folgt: „Zuhause beim Üben vor dem Spiegel findet
keine Zauberei statt. Erst in den Köpfen der Zuschauer
werden banale Handgriffe zu magischen Effekten“.
Obwohl
inzwischen wohl so ziemlich jedem Menschen bekannt ist,
dass auch die unglaublichsten Illusionen lediglich genau
das, nämlich eben: reine Illusionen sind, vermuten
faszinierte Zuschauer den Trick jeweils dennoch im Ärmel
des Zauberers oder im doppelten Boden einer Kiste.
Der
eigentliche Trick findet genau an dieser Stelle statt: wo
man ihn überall versucht zu entdecken – nur nicht
bei sich selbst. Was übrigens durchaus auf andere Lebensbereiche
analog übertragbar ist.
Das
„Phi-Phänomen“ und die „inattentional
blindness“
Wenn
ein Magier etwa eine Münze auf magische Weise aus seiner
Hand verschwinden lässt, die dann völlig unerwartet
und noch viel unglaublicher ganz woanders wieder auftaucht,
dann hilft keinerlei Rätseln und Nachdenken sonderlich
weiter, wie der Zauberer das gemacht hat. Denn: es ist…
gar nicht passiert.
Vielmehr wird hierbei mit der Wahrnehmung gespielt. Genauer:
damit, dass Veränderungen und Bewegungen lediglich
im Kopf und in der Vorstellungskraft stattfinden.
In der
Gestaltpsychologie als das „Phi-Phänomen“
bezeichnet, handelt es sich um den Effekt, dass die visuelle
Wahrnehmung eben nicht mit „glatten, fließenden
Bewegungen“ stattfindet, sondern mit einer Art einzelner„Momentaufnahmen“,
so ähnlich wie bei einem Daumenkino. Das Gehirn füllt
quasi die Lücken zwischen zwei Bewegungs- und Veränderungsmomenten
aus. Exact diese Lücke nutzt ein Magier, um die Wahrnehmung
seiner Zuschauer zu überlisten.
Eine
andere Möglichkeit, Menschen gekonnt zu illusionieren,
besteht darin, ihre Aufmerksamkeit abzulenken. So manch
einer Zaubertrick funktioniert überhaupt nur deshalb,
weil der Magier seine Zuschauer bittet, auf etwas Bestimmtes
zu achten.
Als Anhaltspunkt dafür kann ein recht bekanntes Experiment
des Psychologen Daniel Simons dienen, der Probanden ein
Video mit Basketball spielenden Studenten zeigte, und sie
bat, darauf zu achten, „wie oft sich die Spieler in
den weißen Trikots den Ball zuwerfen“. Bei der
vollen Konzentration darauf entging den Probanden völlig,
dass mitten durch die Szenerie ein Schauspieler in Gorilla-Kostüm
sprang, der dazu noch mit seinen Fäusten auf der Brust
trommelte. Simons bezeichnet diesen Effekt als „inattentional
blindness“: Menschen, die sich auf etwas sehr stark
konzentrieren, neigen dazu, alles andere auszublenden.
Getäuschte
Wahrnehmung trotz Wissens um die Täuschung
Dass
Zaubereffekte wirken, liegt also keineswegs am Trickreichtum
oder an der Fingerfertigkeit des Magiers, sondern zu einem
guten Teil daran, wie es ihm gelingt, die Zuschauer in die
Illusion mit einzubinden.
Der
britische Psychologe Richard Wiseman testete das Ganze mit
einem Video, in dem ein Zauberer ankündigt, er werde
nun mittels seiner Gedankenkraft einen Schlüssel verbiegen.
Der Schlüssel verbiegt sich offenbar tatsächlich
vor den Augen der Zuschauer. Mitten in dieser Vorführung
sagt der Magier dann, dass sich der Schlüssel noch
weiter verbiegen wird, obwohl das nicht der Fall ist. Doch
40% der Zuschauer meinen genau das zu sehen: dass sich der
Schlüssel weiterhin biegt. Erstaunlicherweise wirkt
das Wissen um eine Illusion keineswegs desillusionierend.
Perfekte
Täuschungen funktionieren also auch bei dem, der die
Täuschung kennt. Die Wahrnehmung behält gegenüber
dem „genauen Wissen” die Oberhand.
|