Es
ist üblich und die Regel, dass man mit dem, was man
tut, einen ganz bestimmten Zweck verfolgt, dass man sich
Ziele setzt und erreichen will. Diese Einstellung gilt als
echter Erfolgsfaktor. Tatsächlich jedoch wird Erfolg
so unnötig erschwert oder gar unmöglich.
Der
Kern jeder üblichen Planung und Strategie und jedes
üblichen Vorhabens besteht aus einem Ziel, das erreicht
werden soll. So gilt üblicherweise auch „Zielstrebigkeit“
als eine Grundvoraussetzung für Erfolg. Wer ohne Ziel
denkt und handelt, der denkt und handelt planlos, und „nur,
wer ein Ziel hat, kann es auch erreichen“, heißt
es.
Hinter
dem Ganzen verbirgt sich das Zweckdenken, die so genannte
„Finalität“: Was unternommen wird, ist
an einem Ziel orientiert, also auf einen ganz bestimmten
Zweck ausgerichtet. Für einen Eintrag in das Handelsregister
zum Beispiel ist etwa zwingend erforderlich, den Zweck des
Unternehmens anzugeben - ob das Unternehmen auch irgendeinen
Sinn hat, interessiert dagegen nicht.
In
aller Selbstverständlichkeit: Gedanklich im Mittelalter
Diese
üblich-herrschende Glorifizierung von Zielen, Zielsetzung
und Zielerreichung lenkt jedoch sehr erfolgreich davon ab,
welche Denkweise eigentlich dahinter steckt, und was man
eigentlich tatsächlich damit praktiziert. In der Regel
interessiert das auch niemanden sonderlich, weil man vollauf
damit beschäftigt ist, sein Ziel zu erreichen.
Der
ziemlich prekäre Knackpunkt an der Sache ist, was eine
„Zweckbestimmtheit“ – also: eine Zielsetzung
– laut Definition ist, und was man damit tatsächlich
betreibt. Dabei nämlich handelt es sich um „eine
Vorstellung von Ursachen, die vom Ende her wirken“
und bedeutet (ebenfalls laut Definition) „vom Zweck
bzw. Ziel aus die Mittel der Verwirklichung festzulegen“.
Im Klartext: Ein Denken nach dem „Ursache->Wirkung“-Prinzip
á la Newton, Kenntnisstand anno 1667(!). Ein Denken
und Handeln mit dem Weltbild und der (unterschwelligen)
Überzeugung, die ganze Welt sei nichts weiter als eine
simple Maschine à la Descartes, anno 1619(!).
Mit
anderen Worten: Schon alleine das Setzen irgendeines Zieles
und die Vorstellung, wie man zu diesem Ziel gelangt, bedeuten
den Sturz in ein steinaltes, längst überholtes
Denken, Planen und Handeln.
Noch anders: Durch eine Zielsetzung macht man sich zwangsläufig
auch jede Menge Gedanken darüber, auf welchem Weg man
es am besten und am schnellsten erreicht. Mit diesem „Start->Ziel“-
und „Ist ->Soll“-Denken schlittert man prompt
in das „Wenn->Dann“-Denken eines newton’schen
Gesetzes der Mechanik(!).
Freiwillige
Chancnhalbierung
Das
ganze Trara und Brimborium, das um Zielsetzung gemacht wird,
beinhaltet zudem das „50-Prozent-Denken“ des
„Entweder-Oder“ und damit eine freiwillige Halbierung
der Möglichkeiten. Denn:
Es wird dabei zwangsläufig nur das geplant und getan,
und nur das überhaupt gedacht, was dem angestrebten
Ziel und dem Zweck dienlich ist! Alles, was als „nicht
zielgerichtet“ und „nicht zweckdienlich“
erscheint, wird dem entsprechend als falsch, hinderlich
und störend betrachtet und ignoriert. Ein „Entweder-Oder“,
ein „50-Prozent-Denken“ und eine glatte Chancenhalbierung
vom Feinsten. Und das auch noch: freiwillig und absichtlich.
Exact
dasselbe gilt dabei übrigens nicht nur für das
Vorhaben an sich, sondern zudem auch für sämtliche
beteiligten Menschen, die allesamt dem Zweck dienlich sein
müssen und ihre Funktion(!) als „Rad im Getriebe”
zu erfüllen haben, damit die Zielerreichung nicht gefährdet
wird:
Manager müssen ihren Zweck und ihre Funktion als Führungsperson
erfüllen, Mitarbeiter ihren Zweck und ihre Funktion,
anfallende Arbeit zu verrichten, und Kunden ihren Zweck
und ihre Funktion, das Angebotene zu kaufen.
Die allseits glorifizierte Zielerreichung und das üblich-herrschende
Zweckdenken reduziert also sämtliche beteiligten Menschen
zwangsläufig auf die pure, schnöde Zweckerfüllung
und ihre Funktion, und damit auch das Vorhaben (z.B.: Unternehmen)
insgesamt.
Das
wiederum ist weitestgehend von jedem Sinn entfernt. Denn
eine Zielsetzung hat mit Sinn grundsätzlich gar nichts
zu tun, verunmöglicht ihn meist sogar. Und zwar auch
in den Fällen, wenn es um einen „guten Zweck“
geht. |