Respekt
oder sogar Demut vor der Natur und vor Mitgeschöpfen
ist nur in Ausnahmefällen gefragt. Wenn es jedoch um
die Mahlzeit geht, wird nicht viel nachgedacht. Hauptsache,
es schmeckt. Wobei es natürlich noch besser schmeckt,
wenn es nicht viel kostet. Und dafür sorgt die Massenproduktion.
Guten Appetit.
Rein
statistisch erfreut sich jeder Bundesbürger jährlich
an 40 Kilo Schweinefleisch auf dem Teller. Ganz erheblich
mehr, als an Hühner- oder Rindfleisch. Eine solche
Masse von Fleisch muss natürlich von irgendwo herkommen.
Und das geht folgendermaßen…
Alleine
in Rheda-Wiedenbrück, im größten und modernsten
Schlachthof ganz Europas, werden tagtäglich 20.000
Schweine geschlachtet. Am Fließband. Rund um die Uhr.
In weniger als 24 Stunden werden aus einem lebendigen Schwein
fertig abgepackte Produkte, vom Schnitzel bis zur Bratwurst.
In Europas größter und modernster Hühnerschlachterei
in Lohne wiederum werden tagtäglich 270.000 Hühner
geschlachtet, zerlegt und verpackt. Innerhalb von gerade
einmal 2 Stunden werden aus einem lebendigen Huhn fertig
abgepackte Produkte in Form von Brathähnchen, Hähnchenkeulen
und -brüsten.
„Tierprodukte”:
Auf den bloßen Zweck reduziertes Leben
Zum
einen taucht dabei die Frage auf, wie derartige Massen von
Fleisch überhaupt verkauft werden können. Und
die Antwort ist: vor allem über den enormen Niedrigpreis,
den die Massenproduktion ermöglicht. Das wiederum wird
als (der künstlich erzeugte) „Bedarf“ deklariert,
um die Massenproduktion zu rechtfertigen.
Zum
anderen resultiert die Frage, woher diese Massen von Tieren
eigentlich kommen: Allein 20.000 Schweine und 270.000 Hühner,
die tagtäglich durch neue ersetzt werden müssen.
Und die Antwort ist eben: Produktion. Tiere werden schon
lange nicht mehr gezüchtet, sie werden produziert.
Und zwar: in permanent „optimierter“, immer
„effizienterer“ Weise. Damit Preise niedrig
bleiben, die Nachfrage nicht einbricht, und Fließbänder
ausgelastet sind.
Deshalb
benutzen 95% der Schweinezüchter heute „Sperma
aus der Tube“: Von etwa 200 „Elite-Ebern“
abgesamt, um für Hochleistungs-Zucht-Säue verwendet
zu werden, die nach 4 Monaten durchschnittlich 12 Ferkel
werfen, während die Zuchtsau selbst etwa 7 Monate später
als Mastschwein ihr Leben aushaucht.
Gerade
14 Monate dürfen in Deutschland 48 Millionen(!) Legehennen
täglich ein Ei legen, bevor sie als Suppenhuhn enden.
Ersetzt werden sie durch Lieferungen industrieller Brütereien.
Da in den Brütereien natürlich auch männliche
Küken aus dem Ei schlüpfen, die sich für
die Eierproduktion nicht eignen, werden sie entweder containerweise
vergast oder bei lebendigem Leib in den Häcksler geworfen.
Nur
ein paar Beispiele aus der so genannten „Lebensmittel-Industrie“,
die sich „selbstverständlich“ an den Maßstäben
von Effizienz und Kosten-Nutzen-Rechnungen orientiert, und
an der jede Diskussion über „Moral und Ethik
in der Wirtschaft” glatt vorbei rauscht.
Mit
allem, was möglich ist: Optimierte Produktion
Wie
in jedem anderen Wirtschaftszweig auch, werden hier wahre
Unsummen in Forschung und Technologie investiert, um die
Produktion von Tieren und „Tierprodukten“ zu
optimieren – und zwar an jedem Glied der logistischen
Kette und des „Produktions“-Ablaufes, und zwar
natürlich nicht nur an der ältesten deutschen
„Landesanstalt für Schweinezucht“ in baden-württembergischen
Forchheim, sondern auch in jedem unternehmerischen Betrieb.
Es wird
nicht besonders viel darüber geredet und noch seltener
darüber berichtet, in welchem Umfang etwa Antibiotika
und chemische Masthilfsmittel zum Einsatz kommen, damit
Tiere überhaupt bis zu ihrer geplanten Schlachtung
überleben, und in dieser Zeit schön ordentlich
Fleisch ansetzen.
Zum
anderen hat nicht nur so manch ein Betrieb in maximaler
Effizienz mit so genanntem „Gammelfleisch“ prima
Geschäfte gemacht, sondern das findet auch auf ganz
legale Weise statt: Lebensmittelchemiker basteln ständig
an neuen Methoden herum, um mittels Enzymen aus Fleischabfällen
noch schmackhafte Steaks machen zu können. Wohl bekomm’s.
Der
Biologe und Anthropologe Gregory Bateson meinte, dass Menschen
seit jeher bei allem, was sie tun, irgendeinen Zweck beabsichtigen;
bedenklich jedoch sei die Erweiterung des Zweckdenkens um
den technologischen Fortschritt. Mit anderen Worten: die
Massenproduktion, zum Beispiel von „Tierprodukten”
am Fließband.
Darunter
fällt übrigens auch das Abschlachten von Haien:
weil in der Regel nur deren Flossen für leckere Süppchen
gebraucht werden, schneidet man Haien eben auch nur deren
Flossen ab, und wirft den unbrauchbaren Rest des - noch
immer lebendigen - Hais zurück ins Meer. Und das bei
sage und schreibe 200 Millionen(!) Haien jährlich (kein
Tippfehler!), das sind 500.000 pro Tag(!). Wobei man als
Köder übrigens Delfine verwendet, die nur für
diesen Zweck des Haifangs getötet werden.
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